Der Abend senkte sich wie ein sanfter Schleier über das Tal von Lysoria. Über dem ruhigen See schwebte silbriger Nebel, und das Mondlicht brach sich auf der glatten Wasseroberfläche wie auf einem Spiegel aus Glas. Inmitten dieser stillen Schönheit stand das Schloss Ardelune – ein Ort, an dem Legenden lebten und Geheimnisse im Flüstern der Wände weitergegeben wurden.
Arielle, eine junge Frau mit Haaren so schwarz wie die Mitternacht, stand am Balkon ihres Zimmers. Ihr Herz schlug schneller, seit sie in dieser Welt erwacht war – einer Welt, die nicht die ihre war. Sie erinnerte sich nicht daran, wie sie hierhergekommen war, nur an den Klang einer Melodie, die sie jede Nacht durch ihre Träume trug.
Diese Melodie hatte eine Stimme. Eine Stimme, tief und sanft, die ihren Namen rief, als hätte sie ihn seit Jahrhunderten gekannt.
Und heute Nacht… heute Nacht würde sie dieser Stimme begegnen.
Die Begegnung
Die Schlosstüren öffneten sich von selbst, als sie die große Halle betrat. Kerzen flackerten in hohen, goldenen Leuchtern, und das Licht tanzte wie Feuergeister über den Marmorboden. Am Ende der Halle stand er – hochgewachsen, mit Schultern, die eine unsichtbare Last trugen, und Augen, die wie flüssiges Mondlicht leuchteten.
„Arielle“, sagte er leise, und ihr Herzschlag setzte einen Schlag aus.
„Wer… bist du?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch.
„Jemand, der dich schon lange sucht.“
Er trat näher, und sie spürte, wie eine Wärme sie umhüllte – nicht nur in ihrem Körper, sondern in ihrer Seele.
Er war Prinz Kaelen, Herrscher über das Reich zwischen den Welten. Er erzählte ihr, dass sie in einem anderen Leben verbunden gewesen waren, doch ein Fluch hatte sie getrennt und ihre Erinnerungen aneinander ausgelöscht. Nur das Lied – ihre Melodie – hatte den Weg durch Zeit und Raum gefunden.
Magische Nähe
Als er ihre Hand nahm, spürte sie Funken über ihre Haut tanzen. Mit jedem Herzschlag zog es sie näher zu ihm, als hätte das Universum selbst beschlossen, sie wieder zusammenzuführen.
„Du gehörst zu mir, Arielle. Immer.“
Seine Worte waren kein Befehl, sondern ein Versprechen.
Er führte sie hinaus in den Schlossgarten, wo tausende Glühwürmchen im Mondlicht schwebten. Unter einem uralten, blühenden Silberbaum legte er ihre Hand an sein Herz.
„Erinnerst du dich?“ fragte er.
Und dann – wie ein warmer Sommerregen – kehrten die Bilder zurück. Nächte, in denen sie Seite an Seite unter den Sternen lagen. Gelächter am Fluss. Ein Kuss, sanft wie ein Hauch, und das Gefühl, zu Hause zu sein.
Tränen stiegen ihr in die Augen. „Ja… ich erinnere mich.“
Der Kuss
Er beugte sich zu ihr, und als seine Lippen ihre berührten, verschwammen Zeit und Raum. Der Fluch löste sich in funkelndem Licht auf, und der Mond schien heller als je zuvor.
In diesem Moment wusste Arielle: Egal, wie viele Leben, Welten oder Jahrhunderte sie trennen würden – sie würden sich immer wiederfinden.
